Die Big Player der Technikindustrie wie Google, Facebook, Microsoft, IBM verbindet derzeit alle eine Sorge: Ethikrichtlinien Künstlicher Intelligenz. In ihrem Artikel in dem digitalen Magazin Republik Alles nur Fake Ethik vom 22.05.2019 weisen Anna-Verena Nosthoff und Felix Maschewski auf zentrale Aspekte in der aktuellen Debatte um ethische Richtlinien der KI hin.
Es verhält sich dabei gewissermaßen wie in einem Flug. Das Pilotenteam zum Ziel „Ethikrichtlinien für KI“ wird indessen zwar noch gesucht, aber es klingt seitens der Technikkonzerne bereits so: bitte lehnen Sie sich zurück, vertrauen Sie uns – wir fliegen Sie entspannt hin!
Dabei hat Google seinen Ethikrat unlängst wieder auflösen lassen, bevor dieser das Licht der Welt auch nur erblicken durfte. Also das eigentlich entsprechende Pilotenteam vor Flugantritt schon wieder entlassen. Microsoft hat indessen zwar einen Ethikrat etabliert, folgt allerdings dem Modell eines schwachen Ethikrats, welchem keinerlei Handlungskompetenz zukommt, sondern ausschließlich eine Beratungsfunktion. Die Piloten dürfen anderen Tipps beim Fliegen geben. Beruhigenden Flug Ihnen!
IBM hält bislang hingegen an einer eher fragwürdigen Ethik fest. IBM setzt nämlich die Gesichtserkennungs-Technologie bspw. zur Bekämpfug von Drogenkrieg auf den Philippinen ein. Dabei mag die eingesetzte Technologie, d.h. Software selbst vielleicht ethisch korrekt sein, d.h. ohne bislang festgestellten „bias“, der Einsatz dieser Technologie bleibt jedoch, je nach Einsatzgebiet, dennoch ethisch umstritten.
Wie in einem vorheriger Artikel im zem:dg bereits beschrieben, ist die kürzlich entstandene Diskussion um den Vorwurf des „ethics-washing“ zwischen Thomas Metzinger und Christoph Lütge, hinsichtlich der EU-Leitlinien zu einer vertrauenswürdigen KI gerade nicht verwunderlich, sondern notwendig. Lütge verwies in einem Artikel im Tagesspiegel darauf, dass es um Ethikrichtlinien für KI zu gestalten, in seinen Augen, als Experte der High Level Expert Group, nicht unbedingt Ethiker entscheidend seien. Vielmehr stehen nach Lütge auch die Einbeziehung der Konzerne, d.h. pluraler Interessen im Vordergrund, da er sonst letztlich die Umsetzung dieser gefährdet sehe. Hingegen wurde von Lütge’s Kritiker, Metzinger Besorgnis bzgl. „ethics-washing“ geäußert und die Ethikleitlinien der EU zur vetrauenswürdigen KI als „fake-ethik“ bezeichnet. Auch dieser bemängelte sowohl die Anzahl und damit den mangelnden Einfluss von Ethikern innerhalb der EU Expertengruppe, als auch das Ergebnis. Dieses sei oberflächlich und die Ethikleitlinien mehr zu einer Verschönerung einer Investitionsstrategie verkommen. Metzinger forderte folglich, das Ruder in der Debatte wieder aus den Händen der Industrie und Wirtschaft zurück in die Hände der Zivilgesellschaft zu geben.
Der Streit um das Pilotenteam ist also brandaktuell. Anna-Verena Nosthoff und Felix Maschewski appellieren daher in ihrem Artikel zu einer entspannten aber kritischen Haltung gegenüber der nur all zu frohlockend klingenden Botschaft der großen Technikkonzerne, sich von nun an strikte, ethische Selbstregulierung aufzuerlegen. Diese haben angeblich plötzlich erkannt, dass dies das ethisch Richtige sei und wissen zumal darum, dass Vertrauen ein wertvolles Gut ist. Eine kritische und vernünftige Haltung jedoch ebenso, und dieser Flug geht uns alle etwas an!
Der Weg zu substanziellen Ethikleitsätzen für einen vetrauensvollen Umgang mit KI bleibt somit spannend. Anna-Verena Nosthoff und Felix Maschewski fordern in ihrem Artikel dazu auf, die Zivilgesellschaft, insbesondere die Techniker selbst entsprechend im Umgang mit KI zu schulen. Ebenso scheint es sinnvoll, den Ethikräten mehr Handlungskompetenz einzuräumen und den entsprechend ausgebildeten Piloten hierfür das Steuer zu überlassen nämlich Ethikern und Philosophen.